
Ist es möglich, alle persönlichen Dokumente digital bei sich zu führen? Dafür bräuchte es eine Cloud, in der dann amtliche Lichtbildausweise oder ein Adressnachweis gespeichert sind. Natürlich wäre das eine nachhaltige Revolution – aber ist es realistisch, dass demnächst alle Ausweise und relevanten Dokumente in einer Cloud gespeichert werden können?
Schafft Deutschland jetzt endlich die Umsetzung der Digitaloffensive?
In Deutschland beschäftigt man sich seit Jahren mit der Digitalisierung. Geld hat man zur Genüge bereitgestellt. Passiert ist jedoch wenig. Nicht nur, dass man den Glasfaserausbau verschlafen hat, entschied sich Deutschland auch immer wieder, gegen Trends vorzugehen. Ein gutes Beispiel mag etwa der Bereich des Online Glücksspiels sein. Natürlich ist der Spielerschutz wichtig, aber dass man das Live Casino nicht erlaubt, verstehen nur die wenigsten Spieler. Während es Online Casinos gibt, die sofort Spielen ohne Registrierung erlauben, gibt es durch die deutsche Lizenz der Gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder – GGL – derart viele Einschränkungen, dass schon explizit nach Anbietern ohne deutsche Lizenz gesucht wird. Denn wer möchte schon vorgeschrieben bekommen, dass der Maximaleinsatz pro Runde 1 Euro ist und man zwischen den Spins noch 5 Sekunden Pause einlegen muss?
Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz will im Bereich der Digitalisierung nicht nur Geld ausgeben, sondern auch schnelle Lösungen für Probleme finden, die seit Jahren bestehen. Aus diesem Grund wurde auch ein eigenes Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung geschaffen. „Das Spannende an diesem Ansatz ist, dass die Digitalisierung an einer Stelle gebündelt wird. Das hatten wir so in der Form in der bisherigen Regierung nicht, was zu regelmäßigen Zuständigkeitsproblemen geführt hat. Jetzt haben wir den Vorteil, dass die Entscheidungen an einer Stelle getroffen werden und dass dadurch Geschwindigkeit gewonnen wird“, so Thilak Mahendran von der Thinkthank Agora Digitale Transformation.
Datenschutzbeauftragter ist kritisch: Noch fehlt es auch an der gesetzlichen Grundlage
Thomas Kolb, Rechtsanwalt und zertifizierter Datenschutzbeauftragter, ist hingegen etwas kritischer, wenn es um die Frage geht, ob eine staatliche Digitalcloud bald eingeführt werden könnte. Auf die Frage, ob es dadurch möglich sein kann, demnächst eine Digitalcloud für Behördendokumente zu bekommen? „Das bedeutet eine Kompetenzstreitigkeit zwischen Bund und Ländern, je nachdem, welche Daten da eingelegt werden würden. Also ich denke, das wäre insgesamt nicht so ganz leicht aus rechtlicher Sicht, was auf die Wege zu bringen in diesem Punkt. Die Akzeptanz der Bürger muss natürlich auch gegeben sein.“
Derzeit fehle es an einer gesetzlichen Grundlage. Das heißt, aus technischer Sicht wäre eine staatliche Cloud möglich, man müsse jedoch im Vorfeld von Seiten des Gesetzgebers klären, ob es auch rechtmäßig sei. Tatsächlich hat der Datenschutzexperte aber auch Zweifel, wenn es darum geht, alle wichtigen Dokumente und Ausweise in einer einzigen zentralen Cloud zu speichern. Vor allem würde dadurch das Risiko für Hackerangriffe und Missbrauch sehr hoch werden.
Digitale EU Geldbörse ist für Ende 2026 geplant
Mahendran sieht die Sache eine Spur anders, jedoch nur, wenn es möglich wird, die Daten der einzelnen Behörden auch dezentral miteinander zu verknüpfen. Vor allem, weil es hier auch schon Pläne seitens der EU gibt. „Die Weichen wurden längst auf europäischer Ebene gestellt. Mit der sogenannten EUDI-Wallet, das steht für European Digital Identity Wallet, schafft die EU nämlich eine digitale Brieftasche für alle Bürgerinnen und Bürger“, so der Innovationsführer für digitales Regierungshandeln. Wie das in der Praxis aussieht? Man könne in weiterer Folge Dokumente wie Führerschein, Personalausweis oder auch die Krankenversicherungskarte problemlos auf dem eigenen Smartphone speichern. Dadurch ist es möglich, sich europaweit ausweisen zu können – offline wie auch online.
Bis zum Jahresende 2026 soll übrigens jedes EU-Land diese digitale Brieftasche bereitstellen können. Mahendran zeigt sich hier auch entsprechend optimistisch, dass auch in Deutschland dieses Angebot zur Verfügung gestellt werden kann. Auch aufgrund der Tatsache, dass man mit dem Ministerium für Digitalisierung und Staatsmodernisierung Rückenwind hat.
Die Nutzung dieser digitalen EU Geldbörse wird für die Bürger freiwillig sein. Laut Thilak Mahendran wird dieses Angebot aber gut angenommen werden, weil so die Bürger alles jederzeit vorweisen können.
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